Waschbären langsam auf dem Vormarsch

10. März 2023

Die Waschbären verbreiten sich auch in Vorarlberg – allerdings nur langsam, so der Biologe Klaus Zimmermann. Es werden nur vergleichsweise selten Tiere gesichtet, aber vieles spricht dafür, dass sich die Kleinbären auch bei uns etablieren. Dass es Waschbären manchmal in Wohngebiete zieht, liegt auch an der Beschaffenheit der Vorarlberger Wälder.

Foto Waschbär

Eigentlich sind die Waschbären Waldbewohner, erklärt der Biologe Klaus Zimmermann von der Dornbirner Naturkundeschau inatura. Aber sie brauchen ganz bestimmte Wälder, nämlich bevorzugt Eichenwälder mit dicken, breiten Astgabeln, in denen sie ihre Wohnhöhlen einrichten können. Eichenwälder finden sie aber in Vorarlberg so gut wie keine – und machen sich auf die Suche nach Alternativen.

Und diese finden die anpassungsfähigen Tiere dann gelegentlich in Wohngebieten. In Nischen von Häusern können sich die Tiere geborgen fühlen, auch Schilf kann als Versteck dienen. Auf der freien Wiese dagegen sieht man Waschbären eher selten, zumal die Tiere vor allem in der Dämmerung und in der Nacht aktiv sind.

Mit weiterer Zunahme zu rechnen

Sichtungen von Waschbären in Vorarlberg sind aber insgesamt immer noch vergleichsweise selten. Die Zunahme der Population in Vorarlberg sei ein langsamer Prozess, von einer Plage könne man hierzulande keineswegs sprechen, betont der Biologe. Im jetzigen – am Anfang warmen – Winter blieben die Meldungen über Waschbären zunächst aus, bei den niedrigeren Temperaturen Ende Jänner wurden der inatura dann einige wenige „Verdachtsfälle“ gemeldet.

Allerdings müsse man in den Tallagen mit einer weiteren Zunahme der Waschbärenpopulation rechnen, sagt Zimmermann, das liege an der stark steigenden Verbreitung in Deutschland. Dort tritt der Waschbär mittlerweile flächendeckend auf, die Waschbären sind in manchen deutschen Städten zu einem schwerwiegenden Problem geworden.

Waschbärenmonitoring Vorarlberg

Wer in Vorarlberg einen Waschbären sieht, wird gebeten, sich – falls vorhanden, mit Foto des Tieres – an die inatura-Fachberatung zu wenden.
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Tel.: +43 (0)676 83306-4766

„Können gewaltig Ärger machen“

Besonders im Winter sind Waschbären auf der Suche nach Nahrung und Schlafplätzen und können dann den Hausbewohnerinnen und Hausbewohnern „gewaltig Ärger machen“, wie Zimmermann sagt: „Wenn ein Waschbär einen Komposthaufen gefunden hat, dann sieht man das hinterher deutlich.“ Allerdings beschränken sich die Tiere nicht auf den Kompost, sondern können sich zum Beispiel in Dachböden einnisten, wo sie dann vielleicht einen Hohlraum finden und schon mal die Isolierung herausreißen.

Hinauf, aber nicht wieder hinunter

Auch in Vorarlberg wurden Waschbären schon auf Dächern gesichtet. Das sei einer Besonderheit der Waschbären geschuldet, sagt Zimmermann. Denn wenn diese Tiere flüchten, dann rennen und klettern sie in die Höhe, können aber nicht herunterspringen. „Dafür sind ihre Beine nicht gemacht“, erklärt der Biologe.

Ist ein Waschbär auf ein Dach geflohen, „ist seine einzige Chance, selbstständig runterzukommen, der Kamin“. Dieser werde manchmal als Rutschbahn genützt, werde aber schnell zur tödlichen Falle für das Tier, das dort steckenbleibe und den Kamin verstopfen könne – und so möglicherweise sogar für einen Kaminbrand sorgt.

Erster Waschbär Ende der 70er erlegt

Vor zehn Jahren gab es die erste Erhebung über Waschbären in Vorarlberg, damals wurden „20 Belege nachgewiesen“, sagt Zimmermann. Der erste „Vorarlberger“ Waschbär wurde 1978 in Schoppernau erlegt, ein weiterer wurde wenig später dort gesichtet. Bereits 1982 wurde ein weiteres Tier in Brand getötet. Danach waren es immer wieder einzelne Tiere, die gesehen wurden. Im Jahr 2010 etwa waren es vier Beobachtungen im Rheintal.

Mit einer steigenden Zahl von Waschbären wäre auch in Vorarlberg mit mehr Besuchen durch die Tiere mit der markanten schwarz-weißen Gesichtsmaske in Wohngebieten zu rechnen, schätzt Zimmermann. Grundsätzlich gelten Waschbären als „invasive Art“ und können als solche frei bejagt werden.

Von Nordamerika über Pelzfarmen nach Europa

Waschbären sind eigentlich in Nordamerika heimisch, über Pelzfarmen kamen sie nach Europa. Sie zählen zu den Kleinbären. Leicht erkennbar sind sie an ihrer ausgeprägten schwarz-weißen Gesichtsmaske und an ihrer etwa 30 cm langen, grau-schwarz geringelten Rute. Männliche Waschbären erreichen eine maximale Körperlänge von 70 cm und werden bis zu neun Kilogramm schwer. Die Fähen bleiben wesentlich kleiner.

Für größere Sprünge sind die Hinterbeine der Waschbären nicht geeignet, dafür sind sie ausgezeichnete Kletterer. Sie halten sich gerne auf großen Bäumen auf, Baumhöhlen dienen ihnen als Schlafplätze. Mit ihren drehbaren Hinterpfoten können sie mit dem Kopf voraus nach unten klettern. Der Waschbär ist ein Jäger und Sammler, sein Gebiss ist für tierische und pflanzliche Nahrung geeignet. Damit ist sein Speiseplan je nach Gebiet und Jahreszeit sehr variabel.

Waschbären als Krankheitsüberträger

Waschbären gelten jüngsten Forschungen zufolge allerdings auch als potenzielle Überträger von Infektionskrankheiten auslösenden Erregern und Parasiten. Die Forschenden rund um den Frankfurter Parasitologen Sven Klimpel untersuchten 234 Waschbären aus Mitteldeutschland auf Parasiten. Insgesamt identifizierten sie 23 verschiedene Parasitenarten, von denen fünf in der Lage sind, beim Menschen Krankheiten hervorzurufen.

Links

Inatura

Goethe-Universität Frankfurt: Waschbären mit blinden Passagieren im Gepäck

Quelle

OTS Meldung vom 24.02.2023