Die Turteltaube: Bedrohte Art und dennoch in Österreich bejagt
Die europäische Population der Turteltaube befindet sich im freien Fall – die Art steht weltweit auf der Roten Liste. Dennoch wird im Burgenland ab 16.8. zur Jagd auf die seltene Taube geblasen – Niederösterreich und Wien folgen im September. In keinem anderen mitteleuropäischen Land wird die Turteltaube bejagt. BirdLife Österreich und das Volksbegehren „Für ein Bundesjagdgesetz“ fordern, dass bedrohte Arten wie die Turteltaube in Österreich künftig nicht mehr als jagdbar gelten dürfen.
Die Turteltaube, die kleinste heimische Taubenart, ist eine Langstreckenzieherin, die jährlich zwischen ihrem Brutgebiet in Europa und ihrem Überwinterungsgebiet in der Sahelzone pendelt. Durch ihr sanftes Gurren und ihre sehr starke Paarbindung wurde die Turteltaube in unserem Sprachgebrauch zu einem Symbol der Liebe.
Doch ihr Minnegesang ist immer seltener zu hören – in Österreich fielen die Bestände seit 1998 um 71%! Inzwischen steht die Turteltaube in der Ampelliste von BirdLife Österreich auf Rot, das bedeutet „höchste Priorität für den Vogelschutz – dringender Schutz- und Handlungsbedarf gegeben“.
Die Turteltaube benötigt deckungsreiche Gehölze zur Brut und kleine brachliegende Flächen, wo sie reichlich Sämereien von Wildkräutern findet. Der Strukturverlust und die Ausräumung der Landschaft sind daher bedeutende Gefährdungsfaktoren für den hübschen Vogel. Neben der Entfernung von Landschaftselementen lassen auch Pestizideinsatz und überschießende „Grünflächenpflege“ die wichtigen „wilden Ecken“ immer seltener werden. „Früher konnte man die Turteltaube an jedem Dorfrand oder Flussufer hören“, weiß Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich. „Doch strukturreiche Wald- und Feldränder als Lebensraum sind heute selten geworden, Nistplätze, Nahrungs- und Trinkmöglichkeiten verschwunden.“
Hinzu kommt, dass die Turteltaube in Österreich noch immer in drei Bundesländern – Burgenland, Niederösterreich und Wien – bejagt wird. Im Burgenland endet die Schonzeit der Turteltaube am 15.8., in Wien am 31.8. und in Niederösterreich am 14.9. In den letzten fünf Jahren wurden nach offiziellen Angaben in NÖ 793 Turteltauben erschossen. Zahlen aus dem Burgenland und aus Wien liegen nicht vor. Überwiegend betrifft dies Zugvögel auf der Durchreise, d. h. Turteltauben aus nördlicheren Ländern, wo ihre Bestände ebenso stark oder noch stärker schwinden als in Österreich.
In keinem der Nachbarländer Österreichs (ausgenommen Italien) darf die Turteltaube gejagt werden. „Die Bejagung der Turteltaube ist vor allem im Mittelmeerraum massiv, aber wir können nicht glaubwürdig von den dortigen Ländern fordern, diese bedrohte Art zu verschonen, solange wir sie selbst bejagen“, beklagt Wichmann die aktuelle Situation.
Volksbegehren „Für ein Bundesjagdgesetz“
„Für die Jagd auf Turteltauben fehlt außerdem der vernünftige Grund, der für jede Tötung von Tieren gegeben sein sollte“, ergänzt Rudolf Winkelmayer, Bevollmächtigter des Volksbegehrens „Für ein Bundesjagdgesetz“. „Dass es sich hier außerdem um eine bedrohte Art handelt, schlägt dem Fass den Boden aus und zeigt einmal mehr, zu welchen unglaublichen Missständen es führt, wenn das Jagdrecht in der Kompetenz der Bundesländer liegt.“
Eine der 14 Forderungen des Volksbegehrens, welche die Grundsätze für ein Bundesjagdgesetz formulieren, lautet daher auch: „Tierarten, die in Österreich oder darüber hinaus gefährdet oder von starken Populationsrückgängen betroffen sind, dürfen nicht länger bejagt werden.“
„Wir hoffen, dass das Volksbegehren viel Unterstützung finden und zu einem fortschrittlichen Bundesjagdgesetz führen wird, das die Jagd ins 21. Jahrhundert bringt. Unabhängig davon sollten die drei genannten Bundesländer sofort aktiv werden und die Jagd auf die Turteltaube umgehend beenden“, fordert Winkelmayer.
Kontakt
Dr. Susanne Schreiner,Pressesprecherin BirdLife Österreich
Mobil: +43 (0) 699 181 555 65, E-Mail, www.birdlife.at
Über das Volksbegehren „Für ein Bundesjagdgesetz“
Das Volksbegehren „Für ein Bundesjagdgesetz“ hat 14 Grundsätze formuliert, die in einem Bundesjagdgesetz verwirklicht werden sollen. Die Initiative aus AG Wildtiere, Ökologischem Jagdverband, Tierschutz Austria und Verein gegen Tierfabriken wirbt derzeit um Unterstützungserklärungen für das Volksbegehren, die alle in Österreich wahlberechtigten Personen auf einem beliebigen Bezirks- oder Gemeindeamt sowie rund um die Uhr online mittels Handysignatur leisten können.
Links
Einheitliches Bundesjagdgesetz – Hintergrundinformationen