Goldschakale auf dem Vormarsch
Ihr Kerngebiet ist der Balkan, doch Goldschakale sind mittlerweile auch anderswo gesichtet worden – von Norwegen bis Österreich. Warum sich die Tiere ausbreiten, untersuchen Wiener Forscherinnen und Forscher. Dabei versuchen sie die Goldschakale in der Nacht mit Tonaufnahmen aufzuspüren.
Der Goldschakal sieht dem Wolf sehr ähnlich, ist aber kleiner und gehört wie der Wolf zur Familie der Hunde. Markant ist sein kurzer Schwanz und die weiße Farbe rund ums Maul bis zum Hals. Auf dem Rücken und an den Füßen hat er oft eine goldene Farbe, die sich ins Schwarz-Weiße mischt. Für den Menschen ist der Goldschakal nicht gefährlich. Doch seine Ausbreitung gibt der Wissenschaft Rätsel auf. In einem langjährigen Forschungsprojekt untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien nun das Vorkommen in ganz Europa.
Erstes Paar im Burgenland
1987 wurde der erste Goldschakal in Österreich, konkret in der Steiermark, gesichtet. 2007 tauchte der erste Nachwuchs im Nationalpark Neusiedler See auf. Im letzten Jahr gab es auch in Deutschland den ersten Nachwuchs bei einem Paar. Projektleiterin Jennifer Hatlauf von der Boku sammelt seit 2015 Informationen zum Vorkommen der Tiere in Österreich und ist auch die Zentrale für Informationen zu den Tieren aus ganz Europa.
Rufe als Beweismittel
Um den Goldschakalen in Österreich auf die Spur zu kommen, zieht sie mit einem Megaphon ins Feld und spielt den nachtaktiven Tieren bei Dämmerung eine Tonaufnahme von einem rufenden Tier ab. „Die Goldschakale antworten tendenziell sehr gerne. Wir warten meist nur einige Minuten auf eine Antwort, und wenn wir eine bekommen, ist das für uns die Anwesenheitsbestätigung“, erklärt Hatlauf das Vorgehen.
Ihre Tonaufnahme stammt aus Ungarn, sie wird von Forschern in ganz Europa verwendet, um Vergleiche möglich zu machen. Hatlauf vermutet, dass die Goldschakale mit den Rufen ihr Revier markieren. “Ich ahme damit den Ruf nach und sage, da ist eine andere Gruppe, und das animiert sie, akustisch ihr Territorium zu verteidigen. Das ist allerdings bislang nur eine Annahme, konkrete Studien dazu laufen gerade.“
Gewinner der Klimaerwärmung
Vieles ist noch unklar, was die Ausbreitung der Goldschakale betrifft. Ein Grund für ihre Wanderung könnte die Klimaerwärmung sein, denn der Goldschakal scheue lange Winter und Schneelandschaften, so Jennifer Hatlauf. Allerdings wurden einzelne Exemplare mittlerweile auch auf über 2.000 Metern Seehöhe im Schnee gesichtet. In Estland hat sich ebenfalls bereits eine Goldschakalpopulation angesiedelt, die zahlenmäßig jene in Österreich übertrifft.
Ein weiterer Grund für die Zunahme der Tiere könnte die extensive Landwirtschaft sein. Sie begünstigt die Lebensbedingungen für Goldschakale, weil sich hier besonders viel Futter in Form von Mäusen, Ratten und Hasen findet.
Weniger Wölfe, mehr Goldschakale?
Außerdem gab es in den letzten Jahrzehnten in vielen Regionen kaum noch Wölfe, traditionell die größten Konkurrenten der Goldschakale. Beobachtungen ergaben auch, dass in Gebieten in Rumänien und Ungarn, wo besonders viele Goldschakale gesehen wurden, kaum Füchse auftauchten. Ob daran die Goldschakale Schuld sind oder ob die Fuchsarmut zu mehr Goldschakalen geführt hat, ist noch ungeklärt.
Generell sei der Goldschakal ein sehr anpassungsfähiges Tier, meint Jennifer Hatlauf. Berichte über gerissene Schafe oder Ziegen seien bisher selten. In ganz Österreich könne man mittlerweile Goldschakale antreffen oder hören, so Hatlauf. Seit Mai 2021 erhielt sie rund 130 Meldungen aus Österreich, doch nur bei 60 kamen letztlich wirklich Goldschakale in Frage, die anderen stellten sich als Falschmeldungen heraus. Die Tiere seien scheu und nicht ganz einfach von einem Wolf oder einem Hund zu unterscheiden.
Wer glaubt, einen Goldschakal gesehen zu haben, sollte dem Goldschakalprojekt ein Foto vom Tier und weitere Informationen schicken. Jennifer Hatlauf fährt dann persönlich mit ihrem Megaphon zum Sichtungsort und lädt die betreffende Person auch ein, sie zu begleiten.
Links
Goldschakal Projekt Österreich
Online-Meldung Goldschakal-Sichtung
Quelle
science@ORF.at vom 24.01.2022 (letzter Zugriff am 25.01.2022)