Invasive Pflanzen verursachen große Schäden

06. Juli 2023

Im Sommer ist Hochsaison für Neophyten: Pflanzenarten, die aus anderen Ländern einwandern. Die meisten sind in die bestehende Vegetation gut integriert. Einige bereiten jedoch Sorgen, da sie die Artenvielfalt verringern und das Ökosystem verändern. Sie verursachen Schäden im Wald, in der Landwirtschaft und an Bauwerken.

Foto Robinien Blätter. Die Robinie wurde aus den USA nach Österreich und in viele Länder Europas eingeführt. Sie beeinträchtigt artenreiche Blumenwiesen und trägt zur floristischen Vereinheitlichung bei.

Zweieinhalb Meter hoch wird die Goldrute, bis zu vier Meter der japanische Staudenknöterich, und bis zu fünf Meter Höhe erreicht der giftige Riesen-Bärenklau. Sie alle haben zwei Dinge gemeinsam: Sie kommen aus fernen Ländern, und sie verbreiten sich hierzulande rasant, sagt Wolfgang Rabitsch vom Umweltbundesamt.

1.300 Neophyten wurden in Österreich bisher nachgewiesen, das ist knapp ein Drittel der gesamten Pflanzenwelt. 35 gelten aus Naturschutzgründen als problematisch, weil sie andere Pflanzen und auch Tiere verdrängen. 14 verursachen zusätzlich erhebliche Schäden in der Landwirtschaft, im Forstwesen und in Gewässern. Einige haben auch negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, wie etwa Ragweed, das heftige allergische Reaktionen hervorrufen kann.

Heimische Arten unter Druck

Dass Neophyten auch im Garten wachsen , zeigt ein Besuch bei Biodiversitätsforscher Franz Essl, Wissenschaftler des Jahres. In seinem Fall sind das etwa Kirschlorbeer, Topinambur und eine Robinie.

Der Kirschlorbeer ist ein typisches Beispiel für eine invasive Pflanze: ein immergrüner Strauch, der sich durch die Auswirkungen des Klimawandels auch hierzulande immer stärker ausbreitet. In Laubwäldern scheint im Frühjahr die Sonne bis zum Boden, so können Frühlingsblüher wie das Leberblümchen wachsen. Ist der Boden allerdings mit Kirschlorbeer-Sträuchern bedeckt, kommt die Sonne nicht mehr durch, und die Frühlingsblumen verschwinden. Ein Umbau des Ökosystems durch invasive Arten kann daher viele heimische Tiere und Pflanzen unter Druck setzen.

Blumenwiesen verschwinden

Die Robinie, ein Baum aus Nordamerika, wurde in Österreich zur Zeit Maria Theresias großflächig eingesetzt. Sie verträgt Trockenheit extrem gut, und lebt in Symbiose mit Bakterien, die Stickstoff aus der Luft binden, was zu einer starken Anreicherung von Nährstoffen im Boden führt.

Zur Zeit Maria Theresias war das eine sehr begehrte Eigenschaft. Doch heutzutage – in einer Zeit des Nährstoffüberflusses – sieht man die Auswirkungen negativ. Im Extremfall kann der Bewuchs mit Robinien dazu führen, dass artenreiche Blumenwiesen in grüne Grasflächen umgewandelt werden, in denen nahezu alle anderen Pflanzenarten verschwinden. Ein weiteres Beispiel ist der Topinambur, eine gelb blühende Pflanze, die sich entlang von Flüssen ausbreitet und sehr dichte Bestände bilden kann.

30 Zentimeter an einem Tag

Viele dieser Arten konkurrieren mit heimischen Pflanzen um Licht und um Nährstoffe – und das sehr erfolgreich. Und sie vervielfältigen sich extrem rasch – über Samen und über Wurzeln. Manche Neophyten sind so stark, dass sie sogar Mauern oder Asphalt „sprengen“ können, sagt Wolfgang Rabitsch. Der Staudenknöterich wächst bis zu 30 Zentimeter am Tag. Eine Ragweed-Pflanze produziert bis zu 60.000 Samen, die auch noch vierzig Jahre lang keimfähig bleiben. Doch die stärkste Kraft entwickeln die meisten invasiven Pflanzen unter der Erde.

Meterlange Wurzeln

Die Schwierigkeit bei der Bekämpfung ist, dass man alle Pflanzenteile erwischen und entfernen sollte. Und das ist bei einer Pflanze, deren Wurzeln so tief in den Boden reichen, enorm schwierig. Man kann nicht mehrere Meter in den Boden hineingraben, um wirklich das letzte Stück des Rhizoms zu entfernen, sagt Wolfgang Rabitsch. Dennoch wäre das die beste Methode, wenn es sich um wenige Pflanzen handelt.

Er empfiehlt die Entfernung ausdrücklich. Immerhin seien invasive Neophyten eine der Hauptursachen für den Biodiversitätsverlust weltweit – und auch in Österreich. Ist bereits eine große Fläche bewachsen, kann man nur versuchen, eine noch weitere Ausbreitung zu stoppen: etwa durch regelmäßiges Mähen bis zu sechs Mal im Jahr.

Gut in der Stadt, schlecht in freier Natur

Trotz der negativen Auswirkungen haben einige invasive Pflanzen auch positive Seiten. Die Robinie beispielsweise spendet Schatten, ist sehr widerstandsfähig und liefert Honig. Auch der Schmetterlingsflieder, eine invasive Pflanze aus Ostasien, ist attraktiv für Schmetterlinge, und er kann in einer blütenarmen Landschaft eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten sein. Die entscheidende Frage ist daher oft, wo diese Pflanzen wachsen. In der freien Natur richten einige invasive Neophyten erhebliche Schäden an, während sie am richtigen Standort – etwa in der Stadt – durchaus eine Bereicherung für die Umwelt darstellen können.

Quelle

Science ORF vom 4. Juli 2023 (letzter Zugriff am 06.07.2023)