Invasive Pflanzen: Wien will gezielter vorgehen

03. August 2021

Vom Staudenknöterich bis zum Götterbaum: Invasive Pflanzen breiten sich in Wien immer stärker aus, besonders durch Hitze und Trockenheit. Die Stadt arbeitet an einer neuen Gegenstrategie. Künftig will man gezielter vorgehen – vor allem dort, wo es sich auszahlt.

Strauchähnlicher Götterbaum auf einer Hausmauer.

Rund 2.400 Pflanzenarten gibt es in Wien, bereits an die tausend davon sind sogenannte invasive Arten, die hierzulande also eigentlich nicht heimisch sind. Für Probleme sorgen zwar nur „zehn bis maximal fünfzehn“ dieser Arten, die dafür massiv, schildert Alexander Mrkvicka vom Forstbetrieb der Stadt (MA 49). Vor allem im Nordosten und Südosten Wiens sind sie zum Teil schon stark ausgebreitet.

Eine dieser Problempflanzen ist der Staudenknöterich, der eigentlich in Asien heimisch ist. Dieser könne „innerhalb von wenigen Jahren riesige Flächen überwuchern, wo dann auch nichts mehr anderes wächst“, so Mrkvicka im Interview mit Radio Wien. Das sei ein Problem für viele Tiere, die bei der Nahrungssuche auf Vielfalt angewiesen seien.

Wurzelstoffe bremsen andere Pflanzen aus

„Viele dieser Pflanzen scheiden über die Wurzeln Stoffe aus, die andere Pflanzen entweder hemmen zu wachsen oder überhaupt umbringen“, erklärt Mrkvicka – so auch die gelb blühende Kanadische Goldrute. Innerhalb von zehn Jahren könne dadurch aus einer Wiese eine hüfthohe Goldruten-Monokultur werden. Die Goldruten würden dann zwar im Sommer zwei bis drei Wochen blühen – im Rest des Jahres würden die auf Pflanzenblüten angewiesenen Tiere dort aber keine Nahrung mehr finden.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 49 reißen die Goldrute daher etwa im Lainzer Tiergarten jetzt im Juli händisch aus, um ihre Ausbreitung einzudämmen. Bereits erfolgreich vertrieben wurde aus dem Lainzer Tiergarten den ebenfalls invasiven Götterbaum. Hier hilft ein – heimischer – Pilz, wie die Universität für Bodenkultur in Wien bereits vor ein paar Jahren herausgefunden hatte.

Trotzdem heißt es wachsam bleiben – denn Götterbäume gibt es in Wien noch viele, etwa in der Lobau, und: „Da kann jeder Baum eine Million Samen machen, die zehn bis 15 Jahre keimfähig bleiben.“ Die Samen können zudem bis zu einen Kilometer weit fliegen.

Bestandsaufnahme und neuer Managementplan

Dass gegen invasive Pflanzenarten vorgegangen werden muss, schreibt auch eine Verordnung der Europäischen Union vor. In Wien erstellten dazu in den vergangenen zwei Jahren die Umweltschutzabteilung (MA 22) und die MA 49 eine genaue Bestandsaufnahme, auf Basis von bestehenden Daten von Forscherinnen und Forschern, Fundmeldungen aus der Bevölkerung und Begehungen. Auch ein Managementplan wurde erarbeitet.

Mit diesem Wissen könne man nun viel gezielter vorgehen, so Mrkvicka. So seien etwa Gebiete definiert worden, in denen ein massenhaftes Ausbreiten aufgrund der Bedingungen möglich wäre, aber mit raschen Maßnahmen noch relativ einfach verhindert werden könne. Als Beispiel nennt Mrkvicka den Bisamberg, wo es derzeit – noch – sehr wenige Götterbäume gebe. Wenn man diese rechtzeitig eliminiere, sei das Gebiet wahrscheinlich für längere Zeit frei von Götterbäumen, und das mit einem vernünftigen Aufwand.

Neues Konzept soll ab Frühjahr umgesetzt werden

„Man muss sich wirklich auf einzelne Gebiete konzentrieren und dort möglichst effizient arbeiten, dann kommt man zum Erfolg“, erklärt der Experte. Es gebe auch einfach Gebiete, „wo sich diese Pflanzen schon so verbreitet, dass es gar nicht mehr viel Sinn macht, jede einzelne Pflanze ausrotten zu wollen.“ Dort könne man nur mehr die Samen-Produktion und eine noch stärkere Ausbreitung verhindern. Derzeit laufen laut Mrkvicka noch Abstimmungen und Detailplanungen in den betroffenen Abteilungen der Stadt. Starten soll die Umsetzung des neuen Konzepts im nächsten Frühjahr.

Wer die Stadt im Vorgehen gegen invasive Pflanzen unterstützen will, kann das auch tun, indem man Fundorte meldet. Möglich ist das über das Projekt „Neobiota Wien“ auf der Plattform inaturalist.org. Auch eine App fürs Smartphone ist verfügbar. Außerdem gibt es ein Meldesystem des Umweltbundesamts, neobiota-austria.at, über das invasive Pflanzen- und Tierarten gemeldet werden können, die von der EU gelistet werden.

Links

Neobiota Meldesystem

Neobiota Wien

iNaturalist

 ORF Wien vom 31.07.2021 (letzter Zugriff am 3.8.2021)