Weniger invasive Arten in Naturräumen indigener Bevölkerungen

28. Mai 2024

Nachhaltige Landnutzung als ein Schlüssel gegen nichtheimische Arten

Die Verschleppung von Pflanzen- und Tierarten in neue Regionen durch den Menschen nimmt weltweit rasant zu. Manche dieser nichtheimischen Arten haben massive Auswirkungen, da sie Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen. Unklar war bislang, ob es bei der Ausbreitung solcher invasiver Arten Unterschiede zwischen Gebieten, die von indigenen Bevölkerungen betreut werden, und anderen Regionen gibt. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Gießen und mit Beteiligung von Franz Essl von der Universität Wien fand heraus, dass es in Gebieten indigener Bevölkerungen deutlich weniger invasive Arten gibt als in vergleichbaren Naturräumen und liefert spannende Hintergründe dazu. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Sustainability veröffentlicht.

Der Halsbandsittich aus Afrika ist ein beliebtes Haustier und ist in verschiedenen Weltgegenden – auch in Teilen Mitteleuropas – fest eingebürgert.
Der Halsbandsittich aus Afrika ist ein beliebtes Haustier und ist in verschiedenen Weltgegenden – auch in Teilen Mitteleuropas – fest eingebürgert.

Tausende Pflanzen- und Tierarten sind mittlerweile in fremden Regionen ansässig, weil sie durch Menschen eingeschleppt wurden. "Einige nichtheimische Arten werden für heimische Arten zum Problem – als Räuber, Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum oder Überträger von Krankheiten", erklärt der Biodiversitätsforscher Franz Essl von der Universität Wien, einer der Mitautor*innen der Studie. Die Verschleppung von Pflanzen und Tieren ist menschengemacht. Forscher*innen stellten sich nun die Frage, ob in Gebieten, die von indigenen Bevölkerungen verwaltet werden, weniger fremde Arten zu finden sind als in vergleichbaren Regionen. Zur indigenen Bevölkerung zählen alle Ethnien, die meist schon lange vor der Ankunft der Europäer*innen diese Regionen besiedelt haben – also etwa die Native Americans, die Aborigines Australiens, oder die Samen in Skandinavien.

Gebiete indigener Bevölkerungen weisen wenige nichtheimische Arten auf

Weltweit werden 28% der Landoberfläche von indigenen Bevölkerungen besiedelt, wobei sich ein Großteil dieser Gebiete in entlegenen Regionen der Erde befindet. Viele dieser Gebiete sind für den Erhalt der Artenvielfalt von enormer Bedeutung, liegen sie doch häufig in Hotspots der Artenvielfalt wie im Amazonas oder in Wildnisgebieten wie der Arktis. "Indigene Bevölkerungen verwalten und nutzen diese Gebiete schon über lange Zeiträume in nachhaltiger Weise, wodurch dort der Verlust der Biodiversität deutlich geringer ausfällt als in vielen anderen Gebieten dieser Erde", so Franz Essl.   

Die Forscher*innen haben Millionen von Datenpunkten zur Verbreitung nichtheimischer Pflanzen- und Tierarten analysiert, um diese Frage erstmals umfassend zu beantworten. "Das Ergebnis war beeindruckend", erläutert Hanno Seebens, der Erstautor der Studie. "Im Vergleich zu anderen Gebieten finden sich in Gebieten indigener Völker ein Drittel weniger nicht heimische Arten." Diesen enormen Unterschied führen die Forscher*innen vor allem auf geringere Landnutzung, einen höheren Anteil an Wäldern und ein geringeres Verkehrsnetz in indigenen Gebieten zurück.

Nachhaltige Landnutzung als Schlüssel zur Bewahrung der Biodiversität


Diese Ergebnisse zeigen die enorme Bedeutung von nachhaltiger Landnutzung zur Verhinderung der Ausbreitung nichtheimischer Arten – und zum Schutz der Biodiversität generell. "Indigene Bevölkerungen nutzen ihre Regionen meist traditionell und nachhaltig. Das zeigt, dass der Schutz der Rechte dieser Bevölkerungen auch für den Schutz der Biodiversität essenziell ist – etwa in Gebieten wie der Amazonasregion oder in Südostasien, wo der Raubbau an Wäldern ein massives Problem darstellt", so das Fazit von Franz Essl.

Wissenschaftlicher Kontakt

Assoz.-Prof. Dr. Franz Essl
Department für Botanik und Biodiversitätsforschung, Universität Wien
1030 Wien, Rennweg 14
T +43 (0)676 609 1638
franz.essl@univie.ac.at
www.univie.ac.at

Pressekontakt

Theresa Bittermann
Media Relations, Universität Wien
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Quelle


Universität Wien, Pressemitteilung vom 28.05.2024